Dieter Wally – „Ich bin ein total positiver Mensch!“
Kaum eine Biografie verläuft „nach Plan“, und manchen Weg würde man freiwillig nie einschlagen wollen. Einige lebensverändernde Entscheidungen werden rasch, andere erst nach langem Abwägen getroffen. Viele schöne, aber auch anstrengende und traurige Momente bringt das Leben mit sich. Dieter Wally, 38-jähriger Steuerberatungsanwärter aus Niederösterreich, erzählt von seinem Lebensweg.
Ich kann nicht anders, ich bin ein zutiefst positiver Mensch, auch wenn ich schon mein ganzes Leben lang krank bin. Ich erinnere mich, dass ich als Kind immer irgendetwas hatte: verstopfte Ohren, Grippe oder Sonstiges. Das ist auch heute noch so, Infekte sind bei mir an der Tagesordnung. Deswegen benötige ich auch in regelmäßigen Abständen Infusionen. Meinem Empfinden nach beeinträchtigt mich meine eingeschränkte Lungenfunktion (als Nachwirkung einer schweren Lungenentzündung in der Kindheit, Anm. d. Red.) allerdings nicht übermäßig. Ich kann zwar keine körperlich schweren Arbeiten verrichten, aber einen Nine-to-five-Bürojob bewältige ich sehr gut.
Am TGM (Technologisches Gewerbemuseum, eine Höhere Technische Bundeslehranstalt in Wien, Anm. d. Red.) war meine Krebserkrankung für meine MitschülerInnen und LehrerInnen ein größeres Problem als für mich selbst, es war für alle Neuland. Als ich meine Haare verloren habe, waren einige Lehrer damit total überfordert und wussten nicht, wie sie mit mir in dieser Situation umgehen sollten.
Als Mitglied im Selbsthilfeverein ÖSPID versuche ich, über meine Krankheit aufzuklären. Mir ist es eigentlich noch nie schwergefallen, über meine Erkrankung zu sprechen. Angst vor einem Rezidiv habe ich grundsätzlich nicht. Der Morbus Hodgkin ist ausgeheilt, und jetzt, nach 23 Jahren, da bin ich mir sicher, kommt nichts mehr.
Auch die Frage nach dem „Warum ich?“ habe ich mir nie gestellt. Diese Grüblerei bringt nichts. Mir ist es in die Wiege gelegt worden, ein positiver Mensch zu sein. Daher umgebe ich mich auch nur mit optimistischen Menschen, und die, die es noch nicht sind, versuche ich mit meiner positiven Energie anzustecken. Ich war einfach schon immer so, und ich habe nie daran gezweifelt, dass ich es schaffe. Meine Mutter hat es leider nicht geschafft und ist vor einigen Jahren an Lungenkrebs verstorben. Das war eine traurige und schwierige Zeit für mich, und nach diesem Verlust habe ich mich auch ausbildungsmäßig umorientiert – von der überlaufenen Wirtschaftsuniversität zur Wirtschafts-Fachhochschule des BFI Wien.
Meine Lebensziele habe ich bereits großteils erreicht: Ich werde, sobald ich alle Kurse und Prüfungen zum Steuerberater abgeschlossen habe, mit einem Kollegen die Steuerberatungskanzlei meines Vaters übernehmen und weiterführen. An der Steuerberatung mag ich, dass ich in unterschiedliche Branchen hineinschnuppern kann – diese Abwechslung liebe ich sehr!
Einer der wichtigsten Meilensteine und größten Wünsche in meinem Leben war es, ein eigenes Heim zu besitzen. 2016 habe ich mir diesen Herzenswunsch erfüllt und das alte Haus am Nachbargrundstück neben meinem Elternhaus gekauft. In der Folge habe ich alles nach meinen Vorstellungen umbauen und renovieren lassen. Es war eine Großbaustelle, da das Gebäude zuvor nur als Sommerhaus genutzt worden war. Jetzt ist alles neu und Ende des Jahres 2016 bin ich in mein Haus eingezogen. Das genieße ich sehr.
Eines meiner vielen Steckenpferde ist der 2013 gegründete Verein „Österreichische Journalistenwerkstätte – Verein zur Förderung von Jungjournalisten“, der ein eigenes Online-Magazin – die Gazzette.cc – herausgibt.
Dabei handelt es sich um den Nachfolgeverein des „Black Tower“, der von Schülern des TGM gegründet wurde und damals das erste Online-Magazin Österreichs herausgab.
Neben dem Heranführen junger Leute an den Journalismus – sie können bei der „Gazzette“ ihre ersten Artikel schreiben – organisiert der Verein auch verschiedene Charity-Veranstaltungen zu Gunsten der Österreichischen Kinder-Krebs-Hilfe und der St. Anna Kinderkrebsforschung: Für letztere organisieren wir jährlich eine Benefizfilmpremiere im Frühling, mit der wir vor allem die Kids ansprechen möchten. Zu Gunsten der ÖKKH findet immer ein Weihnachtskonzert statt. Beim letzten dieser musikalischen Charity-Veranstaltungen ist sogar Maya Hakvoort, die bekannte Musicalsängerin, aufgetreten.
Wenn ich nicht gerade auf der Suche nach SponsorInnen für meinen Verein und meine (Benefiz-)Veranstaltungen bin, verreise ich sehr gerne. Ich bin zufrieden und glücklich mit meinem Leben, was mir noch fehlt und ich mir wünsche, wäre eine eigene Familie zu gründen.
Über Dieter Wally:
- Dieter Wally leidet seit frühester Kindheit an einem primären Immundefekt (PID), wodurch es zum Ausbruch des Epstein-Barr-Virus kommt
- Infolgedessen erhält der TGM-Schüler im Alter von 15 Jahren die Diagnose Morbus Hodgkin (Lymphdrüsenkrebs)
- Abschluss des TGMs mit Matura
- Später Studium „Bank- und Finanzwirtschaft“ an der Fachhochschule des BFI Wien, 2013 Bachelorabschluss
- Motto: „Immer positiv denken, sich nicht mit dem Negativen aufhalten.“
Redaktion: Jolande Peck-Himmel
Dieses Portrait ist in der Ausgabe SONNE 04/2019 erschienen.